Etikettenschwindel neuer Psychotherapeut

Neue approbierte „Psychotherapeut:innen“ – eine politische Einordnung

 

Wesentliche Kräfte in der Politik streben weitgehende Veränderungen in der medizinischen Versorgung an.

Diese Strategie fußt auf zwei Säulen:

  1. Möglichst weite Teile der bislang patientenzentrierten fachärztlichen Versorgung soll nach niederländischem oder britischem Modell in Krankenhäuser verlagert werden
  2. Möglichst weite Teile der bislang ärztlichen Tätigkeiten und Zuständigkeitsbereiche sollen zukünftig durch substituierende Berufe geleistet werden - bis hin zu einer weitgehend arztfreien medizinischen Grundversorgung der Bevölkerung

 

In diesen politischen Kontext ist auch das „neue“ Psychotherapeutengesetz einzuordnen.

Dazu nutzt das Gesetz folgende Hebel:

  1. Verlagerung von Behandlung in die Klinik: Weite Teile einer neu empfundenen Psychotherapie, als Richtlinienpsychotherapie eine ursprünglich ambulante Behandlungsmethode, werden in die Klinik verlagert. Es werden Bettenkapazitäten geschaffen, die nicht mehr ärztlich versorgt werden können.
  2. Hausarztsubstitution: Es wurde ein völlig neuer, bislang weltweit unbekannter, neuer zur Heilkunde voll befähigter (approbierter) „Generalist“ „Psychotherapeut/-in“ geschaffen: als Substitut für den psycho-sozialen Anteil, und möglichst weit darüber hinaus, der bislang hausärztlichen Versorgung. Diese soll der Bevölkerung, beispielsweise in „Gesundheitskiosken“, möglichst Arzt-frei als „neue und innovative Versorgungsform“ angeboten werden, ergänzt durch andere Arzt-substituierende Berufe, etwa dem „Physician Assistant“. Das ist politisch betrachtet „ökonomisch“ und scheinbar gut „verkaufbar“. Folgerichtig hat der Gesetzgeber diesen Absolventinnen zweier Psychologie-Studiengänge per Gesetz die Zuständigkeit für die psychische und physische (!) Gesundheit attestiert, ohne dass dies in den psychologischen Studiengängen inhaltlich fundiert hinterlegt wäre. Gesetz ist aber Gesetz: ab morgen ist der Himmel grün! Wenn der Bundestag dem zustimmt, dann ist dies eben Gesetzeslage.
  3. Facharztsubstitution: Diese Absolventinnen zweier psychologischer Studiengänge können sich zu Fachpsychotherapeut/innen weiterbilden. Diese sollen dann möglichst weite Teile der bisherigen fachärztlichen Versorgung in den Gebieten Psychiatrie und Psychotherapie, Kinder-und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie sowie der Psychosomatischen Medizin und Psychotherapie ersetzen.

 

Das Kalkül der Politik dabei ist denkbar einfach: Der Beruf Ärztin/Arzt ist ein Mangelberuf, und zudem vorgestellt „teuer“; der Beruf des/der „approbierten Psycholog/in“ ist ein Massenberuf, und zudem vorgestellt „billig“. Das mag zwar vorübergehend zutreffend sein, wird sich aber auf Dauer nicht „rechnen“. Das politische Konzept fußt auf Kosten der Versorgungsqualität. Das muss allen Patientinnen und Patienten bewusst sein!

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